Hustensaft, Nasensprays, Salben, Cremes: Wenn Pharmakonzerne die Herstellung bestimmter Produkte auslagern, dann ist Lichtenheldt eine der ersten Adressen. In 70 wechselvollen Jahren hat das Familienunternehmen seine Nische gefunden. Es wächst und will kräftig investieren.

Wahlstedt
Kleine, braune Fläschchen schieben sich gleichmäßig über eine große, runde Fläche. Glas auf Glas klappert, während sich die Gefäße wie an einer Perlenschnur zur automatischen Abfüllung aufreihen. Eine Frau, die mit Haube, Mundschutz, Kittel und Handschuhen fast an eine OP-Schwester erinnert, hat den Ablauf fest im Blick. Arzneimittel, Medizinprodukte, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika in flüssiger und halbfester Konsistenz sind das Metier von Lichtenheldt. Was hier in die Flaschen kommt, ist Auftragsarbeit, und über die wird bei Lichtenheldt geschwiegen. Sogar vertraglich festgelegt.

Hustensaft, Nasensprays, Salben, Cremes: Wenn Pharmakonzerne die Herstellung bestimmter Produkte auslagern, dann ist Lichtenheldt eine der ersten Adressen. In 70 wechselvollen Jahren hat das Familienunternehmen seine Nische gefunden. Es wächst und will kräftig investieren.

Kein Pharmakonzern hängt das „Outsourcen“ an die große Glocke. Unternehmensaufgaben an Dienstleister wie das Wahlstedter Familienunternehmen zu übergeben, das hat immer ökonomische Gründe. Die Branche, in der Lichtenheldt agiert, ist klein. Eine Nische. Unsexy, wie Mitgeschäftsführer Torsten Ziegler einräumt, aber erfolgreich – europaweit.
Seit zwei Jahren lenken Ziegler und Andrea Schulze-Ayecke die Geschicke des Unternehmens. Die strategische Ausrichtung trage die Handschrift des 52-Jährigen. Während die 47-jährige Apothekerin als Geschäftsführerin und Mitgesellschafterin das operative Geschäft leitet. Der Generationswechsel bei Lichtenheldt ist vollzogen, auch wenn Seniorchef Hans-Joachim Eisele immer auf dem Laufenden ist.
Die betriebseigene Akademie sichert qualifizierten Nachwuchs. Zum Leitbild gehöre ein positives, wertschätzendes Arbeitsumfeld, betonen Schulze-Ayecke und Ziegler.
Zehn Prozent Wachstum verzeichnete die Firma nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr. Lichtenheldt will weiter wachsen. „Und zwar deutlich über dem Durchschnitt von drei Prozent“, unterstreicht Andrea Schulze Ayecke. Das zieht Investitionen nach sich, die die Firmenspitze für die kommenden Jahre mit einem zweistelligen Millionenbereich zurückhaltend beziffert. Understatement gehört zum Geschäft.
Heute wird erst mal ordentlich mit den Kollegen gefeiert. 70 Jahre ist es her, dass Apotheker Walter Lichtenheldt aus Thüringen nach Wahlstedt kam, mitsamt seinen patentierten Präparaten der Marke „Licht“. Mit seinem Einstieg bewahrte er so die von Bernhard Rothfos neben der Arko gegründeten „Pharmazeutische Fabrik Wahlstedt“ vor dem Aus. Kräutermischungen, Tinkturen gegen allerlei Wehwehchen und Trinkbrandweine wurden hergestellt, das Geschäft boomte zunächst. Keine 30 Jahre später jedoch drohte dem Betrieb aufgrund von Missmanagement erneut das Aus. 1984 war es Hans-Joachim Eisele, der die Firma mit seiner Übernahme gerade noch vor der Insolvenz rettete.
Tochter und Firmenchefin Andrea Schulze-Ayecke hat alte Relikte der Firmengeschichte zu einer kleinen Ausstellung zusammengetragen – eine spannende Zeitreise zwischen Büchern mit alten Rezepten und Werbung für die Partygetränke der späten 50er Jahre.
Die Lichtenheldt GmbH
– 220 Mitarbeiter arbeiten aktuell in der Pharmazeutischen Fabrik in Wahlstedt.
– 40 Millionen Flaschen, Kanister, Tuben und andere Einheiten verlassen jährlich die Produktionsstraßen von Lichtenheldt.
– 30 Millionen Euro Jahresumsatz bedeuten, dass das Wahlstedter Unternehmen nach eigenen Angaben in Europa und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ungefähr zehn Prozent Marktanteil hält.
– 1,1Hektar groß ist die Betriebsfläche in Wahlstedt, zu der Produktion, Lager und Labor gehören; hier soll mittelfristig ausgebaut werden.